Facettenreich und liebenswert – die auf ihre Jahrhunderte lange Unabhängigkeit und international bekannten Traditionen stolze Hansestadt hat in allen Lebensbereichen viel zu bieten. Fünf Orte – und zugleich die Gründe, warum Bremen mich vor Jahren gefesselt und bis heute nicht mehr losgelassen hat.
Von MYRIAM NÖDING
Vielleicht habe ich damals die Beine des Esels einfach ein wenig zu fest gedrückt…
An der linken Seite des Bremer Rathauses steht seit 1953 eine Bronzestatue (Höhe: zwei Meter) von Gerhard Marcks. Viele Menschen glauben, dass ein Wunsch in Erfüllung geht, wenn man die Vorderbeine des Esels umfasst und sich etwas wünscht. Neben dem Bremer Roland sind die Bremer Stadtmusikanten ein Wahrzeichen der Stadt.
Auf jeden Fall hatte mich Bremen nur wenige Monate nach meinem ersten Besuch wieder, und zwar dauerhaft. Nun, vier Jahre und einen kurzen Aufenthalt im Ausland später bin ich noch immer hier und habe weniger denn je die Absicht zu gehen. Woran liegt’s?
Dass Bremen wunderschöne Ecken hat, ist unbestritten. Jeder, der schon mal hier war, wird das bestätigen – egal wie kurz der Aufenthalt in der Hansestadt gewesen sein mag. In der „guten Stube“ der Stadt, wie die Bremer ihren Marktplatz liebevoll nennen, fühlt man sich sofort wohl. Schließlich kann man in aller Ruhe bei Kaffee und Kuchen in einem der vielen Cafés am Marktplatz die Kostbarkeiten der Altstadt bewundern. Dazu gehören natürlich das imposante Rathaus mit der selbstbewussten Statue des Roland (beide als Weltkulturerbe ausgezeichnet), der „Schütting“, das Gebäude der Bremer Kaufleute seit dem Mittelalter, sowie der eindrucksvolle St.-Petri-Dom. Andere außergewöhnliche Attraktionen wie das „Gesamtkunstwerk“ Böttcherstraße oder das verwinkelte Schnoorviertel, Bremens ältester Stadtteil, sind nur einen Steinwurf entfernt.
Doch auch für länger Hiergebliebene wie mich hat die Stadt noch einiges zu bieten. Folgen Sie mir doch bei meiner Tour durch mein ganz persönliches Bremen – an Orte, die die Stadt für mich so liebens- und lebenswert machen.
Die Bremer Straßenbahn
Warum nicht direkt mit dem Alltäglichsten anfangen? Die Bremer Straßenbahn ist für mich wirklich etwas ganz besonderes. Kaum eine andere Stadt blickt auf solch eine lange und ereignisreiche Geschichte der Straßenbahn zurück wie Bremen. Bereits seit 1876 fährt man in Bremen Tram, wenngleich es zunächst ein Betrieb mit sehr wörtlich zu verstehenden Pferdestärken war. 134 „bewegte“ Jahre später ist die Bremer Straßenbahn ganz im Sinne der umweltbewussten Bremer: modern, pünktlich und umweltschonend. Jeden Sonntag bieten übrigens die „Freunde der Bremer Straßenbahn AG“ touristische Stadtrundfahrten in historischen Bahnen an – die älteste nahm ihren Betrieb in Bremen bereits im Jahr 1904 auf. Von wegen „Dorf mit Straßenbahn“!
Hafen und „Überseestadt“
Für die Erkundung meines nächsten Lieblingsortes bietet sich übrigens eher das Fahrrad an, wenngleich die Straßenbahn (Linie 3) natürlich auch dorthin fährt. Das Hafengebiet ist eine ganz eigene Welt für sich! Von dessen schierer Größe bin ich dann auch bei jedem Besuch von neuem fasziniert, ebenso wie von der Größe der alten Industriegebäude, die für Fotofreunde wie mich ein reines Paradies sind. Viele der Anlagen und Gebäude hier haben ihre ursprüngliche Funktion verloren und werden nun auf mitunter spektakuläre Art neu genutzt – ein schönes Beispiel hierfür ist der „Speicher XI“. Der ehemalige Baumwollspeicher wurde 1912 fertig gestellt und befand sich am Becken des Überseehafens, der 1998 mit Sand aufgeschüttet wurde. Heute beherbergt das imposante und mit 400 Meter längste Gebäude Bremens die Hochschule für Künste, zahlreiche Unternehmen vor allem der „kreativen“ Branchen sowie das Hafenmuseum, in dem die Geschichte der Häfen anschaulich wiederauflebt.
Im alten Hafengebiet entsteht in den letzten Jahren auch das ambitionierte Stadtentwicklungsprojekt „Überseestadt“, das neben der Umnutzung bestehender Anlagen auch mit Plänen für ein umfangreiches Wohn- und Gewerbegebiet aufwartet. Dieser neue Stadtteil verspricht hochspannend zu werden; ich bin sicher, dass er für viele Bremer noch ein absoluter Lieblingsort werden kann – sofern er es denn noch nicht ist.
Ein kleiner Tipp noch für die Shopping-Freunde: Wer ein Einkaufserlebnis ganz besonderer Art sucht, sollte die „Waterfront“ im ehemaligen Space Park-Areal nicht verpassen. Das direkt an der Weser gelegene großzügig dimensionierte Einkaufszentrum zieht mode- und preisbewusste Besucher aus ganz Bremen und umzu an, und es ist auch keine Seltenheit, hier auf Leute zu treffen, die sogar aus Hamburg anreisen.
Die Stadtbibliothek
Für den Besuch in der Bremer Stadtbibliothek in der City sollte man lieber ein wenig Zeit mitbringen – denn man bleibt eigentlich immer länger als geplant. Die stimulierende Atmosphäre in dem großen traditionsreichen Gebäude umfängt einen bereits beim Betreten und lädt zum angeregten Stöbern und Lesen ein. In den Pausen sollte man unbedingt einmal im Foyer eine Suppe oder einen Milchreis essen – sehr lecker und zu fairen Preisen.
Die im historischen Polizeihaus (Ecke „Am Wall“ / Ostertorstraße) untergebrachte Bibliothek ist auch im Detail liebevoll renoviert, modern und sehr benutzerfreundlich. Wo sonst gibt es schon eine Bibliothek mit einem eigenen Kunstbestand, aus dem man jederzeit Werke ausleihen kann? Diese können bis zu drei Monaten in den eigenen vier Wänden hängen und danach direkt gegen ein neues eingetauscht werden.
Für die Schach-Freunde ist übrigens auch gut gesorgt – im Obergeschoss kann auf übergroßen Brettern gespielt werden, bis die Köpfe rauchen.
Universum Science Center & Campus der Uni Bremen
Wieder mal ein verregneter Tag in Bremen? Macht nichts – es gibt ja das „Universum Bremen“. Was von außen an einen futuristischen „Wal“ oder auch eine Muschel erinnert, beherbergt innen ein Museum ganz besonderer Art: In drei Themengebieten (Mensch, Erde und Kosmos) können Exponate angefasst und Versuche durchgeführt werden – ein neues Lern-Gefühl auf ganz spielerische Art.
Das Museum mit Erlebnisfaktor ist dabei nicht nur für Kinder unterhaltsam und informativ zugleich – ich war nun schon mehrere Male mit Besuch und Freunden dort (manchmal mit, manchmal ohne Kinder), und das Museum konnte bis jetzt jeden begeistern. Je nachdem, wie viel Zeit man hat, kann man einige Stunden oder auch den ganzen Tag im Universum verbringen – es gibt eigentlich immer noch etwas Neues zu entdecken. Seit 2007 ist dem Universum auch die separate „SchauBox“ angeschlossen, in der wechselnde Ausstellungen gezeigt werden, sowie der „EntdeckerPark“, eine Art wissenschaftlicher Erlebnisspielplatz unter freiem Himmel mit vielen Experimenten zum Mitmachen und dem 27 Meter hohen „Turm der Lüfte“.
Übrigens: das Universum Science Center befindet sich direkt neben dem Campus der Universität Bremen. Als Noch-Studentin verbringe ich dort naturgemäß (und sehr gerne!) viel Zeit – doch auch Nicht-Studenten kann ich einen Abstecher dorthin nur ans Herz legen. Das Campusgelände beherbergt neben der Staats- und Universitätsbibliothek und der Mensa, die für ihr ausgezeichnetes Essen regelmäßig mit Preisen ausgezeichnet wird und auch externe Besucher gerne willkommen heißt zum Beispiel auch den markanten „Fallturm“. In dem bleistiftförmigen Gebäude – mit einer Höhe von 123 Metern weithin sichtbar und europaweit einzigartig – werden dreimal täglich Experimente zur Schwerelosigkeit durchgeführt, mithilfe einer Kapsel, die den Turm im Vakuum hinunterfällt. Besonders empfehlenswert: Jeden Montag werden vom Betreiber zwei Führungen durch das Gebäude angeboten. (Aktuelle Infos unter: www.zarm.uni-bremen.de
Das „Viertel“
Bremens wohl lebendigster Stadtteil, allgemeinhin als „das Viertel“ bekannt, besteht eigentlich aus zwei eigenen Ortsteilen: Ostertor und Steintor. Wie soll man Außenstehenden nur erklären, was das besondere an diesem einzigartigen Stadtteil ist? Hier mein Versuch: Es ist der Stadtteil mit einer der ältesten Bausubstanzen der Stadt, der gleichzeitig von der durchschnittlich jüngsten Bevölkerung bewohnt wird. Hier finden sich Designerboutiquen und Dönerläden, Second-Hand-Geschäfte und schicke Restaurants, der Öko-Wochenmarkt und fast offener Drogenhandel, Szene-Kneipen und das Rotlichtviertel… die Liste könnte noch lange weitergeführt werden.
Hier wohnen junge Familien und Singles, Professoren und Studenten, Besserverdiener und Obdachlose – eine spannende und weitgehend spannungsfreie Mixtur.
Eines meiner persönlichen Viertel-Highlights sind die unabhängigen Kinos, die Programmkinos, die man besonders im Viertel finden kann.
Leider wurde das City Film Theater in der Innenstadt vor kurzem geschlossen, doch auch das bekannte „Cinema am Ostertor“ an der Sielwallkreuzung und die „Schauburg“ haben immer ein gutsortiertes Programm. Auch der Stadtteil Schwachhausen hat mit der „Gondel“ ein stilvolles kleineres Kino, und das „Kino 46“ in Walle zieht mit einem vollen Kino- und Kulturprogramm nicht nur sein Stamm-Publikum an.
Mein absoluter Lieblingsplatz in Bremen befindet sich allerdings ganz oben über den Dächern von Bremen, auf der winzigen Dachterrasse meiner Wohnung. Dort lässt sich der sommerliche Sonnenuntergang mit einem kühlen Haake Beck und dem großartigen Ausblick über das PANORAMA von Bremen für mich noch immer am besten genießen.
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