„Kommt mit uns nach Bremen, etwas Besseres findet Ihr so leicht nirgends.“ So schwärmten damals die vier Stadtmusikanten aus Grimms Märchen. 2019 wurde das berühmte Märchen 200 Jahre alt. Dieses Jubiläum bot den Anlass für ein buntes Programm mit mehr als sechzig Veranstaltungen rund um die legendären Tiere. Und wirkt heute, fünf Jahre später, fast wie ein Symbol für Flüchtlinge und Migration.
Der Märchen-Inhalt
Das Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ erzählt von vier Tieren (Hahn, Katze, Hund und Esel), die ihren Besitzern infolge ihres Alters nicht mehr nützlich sind und daher getötet werden sollen. Es gelingt den Tieren zu entkommen, worauf sie sich zufällig treffen. Alle folgen dem Vorschlag des Esels, in Bremen Stadtmusikanten zu werden, und brechen nach Bremen auf. Auf ihrem Weg müssen sie im Wald übernachten. Sie entdecken dort ein Räuberhaus, erschrecken und vertreiben die Räuber, indem sie sich vor dem Fenster aufeinanderstellen und mit lautem „Gesang“ hereinbrechen. Die Tiere setzen sich an die Tafel und übernehmen das Haus als Nachtlager. Ein Räuber, der später in der Nacht erkundet, ob das Haus wieder betreten werden kann, wird von den Tieren nochmals und damit endgültig verjagt. Den Bremer Stadtmusikanten gefällt das Haus so gut, dass sie nicht wieder fort wollen und dort bleiben.
Die Geschichte ist dem Literaturtyp der Tierfabel verwandt, sie zeigt die Merkmale einer Gesinde-Erzählung: Die Tiere entsprechen den im Dienst bei der Herrschaft alt gewordenen, abgearbeiteten und durch den Verlust an Leistungskraft nutzlos gewordenen Knechten und Mägden. Mit ihrem Aufbruch, ihrem Zusammenhalt und Mut schaffen sie das fast Unmögliche. Sie überlisten die Bösen, schaffen sich ein Heim und somit ein neues Leben. Es ist eines der Märchen in der Grimm’schen Sammlung, „das auf die sozialutopischen Wünsche der Unterschicht in der bürgerlichen Gesellschaft“ eingeht. Die Botschaft sowohl des Grimm’schen Märchens als auch der meisten späteren Versionen ist optimistisch und illustriert die Möglichkeit nachhaltiger Lösungswege auch aus schwierigen Situationen heraus.
Die Stadtmusikanten von Gerhard Marcks als Bremer Wahrzeichen und Stadt-Logo
Schon um 1938 gab es in Bremen im Hinblick auf den sich entwickelnden Städtetourismus Überlegungen, eine Art Denkmal für die Bremer Stadtmusikanten zu errichten, doch erst 1951 gab ein Besuch von Gerhard Marcks, einem der bedeutendsten deutschen Bildhauer seiner Generation, den Anlass zu einer Realisierung. Das vom Verkehrsverein betriebene Auftragsprojekt und die ursprünglich für ein Jahr probeweise geplante Aufstellung der Gruppe am 30. September 1953 vor der linken Stirnseite des Bremer Rathauses war von einer regen und anhaltenden öffentlichen Kontroverse um Kosten, Maßstab und fehlende Berücksichtigung Bremer Künstler begleitet. Manchem Bremer war zunächst die Gruppe nicht bewegt und „lustig“ genug. Doch gerade seine Zeichenhaftigkeit, seine formale Strenge und zurückhaltende Stilisierung, also das Nichtanekdotische, hat sicher dazu beigetragen, dass die deutlich unterlebensgroße Bronzeplastik neben dem Bremer Roland zum heimlichen Wahrzeichen Bremens wurde und für Touristen zum obligatorischen Besichtigungsprogramm gehört. Gern wird den Besuchern dabei erzählt, wenn man die Vorderbeine des Esels anfasse, gehe ein Wunsch in Erfüllung. Der Standort der Bronzeplastik von Marcks ist seit dem Jahr 1953 fortdauernd am Bremer Rathaus.
Auf das Zitat „… etwas Besseres als den Tod findest du überall …“ greift der Schriftsteller Carl Zuckmayer in seinem Werk „Der Hauptmann von Köpenick“ zurück, denn nichts schien ihm geeigneter als dieser Satz aus den Bremer Stadtmusikanten, um zu verdeutlichen, dass aus jeder schier aussichtslosen Lage Kraft für einen Neuanfang geschöpft werden könne. Günter Bruno Fuchs’ Roman Bericht eines Bremer Stadtmusikanten spielt auf das Märchen an, indem der entlassene Straßenfeger sich oft einen alten Esel nennt (etwas Besseres als den Tod findest du überall) und zum Schluss träumt, wie der Polier als Hahn ein Räuberhaus stürmen lässt.
Eugen Drewermann, Theologe und Schriftsteller, setzte im Jahr 2007 das Märchen in Bezug zur Tagespolitik. Die Tiere gründen hier eine Gemeinschaft als Straßenmusikanten, um noch etwas wert zu sein und nicht geschlachtet zu werden, so ungeeignet ihre Stimmen dafür auch sein mögen. Die Politik, so Drewermann, solle aufhören, das Vertrauen einfacher Menschen zu missbrauchen, die ihr Leben nicht in Existenzangst, sondern in Liebe und Dankbarkeit führen wollen.
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