Claudia Schreiber verwendet in ihrer Manufaktur nur Naturprodukte.
Ein frischer, zitroniger Duft liegt in der Luft. Claudia Schreiber hat auf dem Tisch vor sich einen riesigen Edelstahltopf stehen, in dem sie bereits Sheabutter und Babbassuöl geschmolzen hat. Heute steht in ihrer Seifenmanufaktur „Martha’s Corner“ in Bremen-Findorff die Produktion von Ingwer-Lemongras-Seife an: Nach und nach gibt sie zum geschmolzenen Fett Olivenöl, Rizinusöl, grüne Tonerde und dann Lauge. In ihre Produkte kommen nur natürliche Subtanzen.
Lagerflächen und Produktionskapazitäten erweitert
Abwechselnd rührt sie mit viel Geduld und Sorgfalt die Masse mit einem riesigen Pürierstab und einem großen Teigschaber. „Alle Luftblasen müssen verschwinden“, sagt die 52-Jährige. „Puddingstadium“ nennt sie den zu erreichenden optimalen Zustand der flüssigen Seife, die sie später zum Austrocknen in Formen gießt. Zum Rühren steht sie auf einem Hocker. Denn ihre Töpfe haben sich gerade erheblich vergrößert, ohne den Hocker könnte sie gar nicht hineinschauen: Claudia Schreiber hat ihre Produktionskapazitäten erweitern müssen, knapp drei Jahre nach Eröffnung ihrer Manufaktur. Ihre Seifenprodukte finden immer mehr Abnehmer, sie hatte schon mehrere Großaufträge. „Ich habe nie damit gerechnet, dass sich das Geschäft so entwickeln wird“, sagt sie. „Manchmal stehe ich da und denke: Kneif mich mal.“ Ihren Laden hat sie inzwischen umgebaut, um mehr Lagerflächen zu schaffen und größere Mengen produzieren zu können. Ein neues, riesiges Rührwerk ist gerade angeliefert worden, es steht an diesem Tag noch nicht ausgepackt im Verkaufsraum.
Von Anfang an auch auf Onlineshop gesetzt
Eine studentische Aushilfskraft unterstützt Claudia Schreiber inzwischen. Trotzdem: Damit sie genügend Zeit zum Produzieren und zum Entwickeln neuer Rezepturen hat, wird sie ihren Laden – sobald es wieder möglich ist – nur noch an zwei Tagen pro Woche öffnen. Im Moment allerdings ist der Laden coronabedingt geschlossen. Doch der Onlineshop läuft weiter. „Es zeigt sich jetzt, dass es richtig war, von Anfang auch auf den Onlineshop zu setzen“, sagt die Bremerin. Außerdem beliefert sie Bio- und Unverpacktläden, die weiterhin geöffnet haben dürfen. Auch eine große Umweltorganisation gehört zu ihren Kunden.
Produkte sind frei von Mineralölen, Mikroplastik und künstlichen Aromen
Im Angebot hat sie ein Dutzend unterschiedliche Seifen, festes Shampoo, Wascherde, Körpercreme oder auch Lippenbalsam. Sie hat viele Stammkunden, einige von ihnen hätten mit Hautproblemen zu kämpfen – aus ganz unterschiedlichen Gründen: Manche leiden unter Neurodermitis, andere haben Duftstoffallergien oder eine Chemotherapie hinter sich. Sie schätzten es, dass ihre Produkte frei sind von jeglichen künstlichen Aromen, Mineralölen oder Mikroplastik, sagt Schreiber, die in Bremerhaven aufgewachsen ist.
Sie hat als Betriebswirtin und Wirtschaftsjuristin gearbeitet, dabei viel Geld verdient. „Ich bin durch die Welt geflogen“, erzählt sie. Doch irgendwann merkte sie, dass sie der Job nicht glücklich machte. „Vor allem der Umgang von Führungskräften mit Mitarbeitern hat mir nicht gefallen. Ich dachte mir, das kann man besser machen.“ In ihrer Freizeit war sie immer schon kreativ, nähte oder fertigte Geschenkboxen an, die sie über Dawanda verkaufte – einem früheren Online-Portal für selbstgefertigte Produkte.
Der Name „Martha’s Corner“ geht auf ihre Katze zurück
Während ihrer Kreativzeiten war stets ihre Katze Martha dabei, die es sich meist auf einer Ecke des Arbeitstisches bequem machte und ihr beim Handarbeiten interessiert zuschaute. So kam Schreiber, die neben der Thai-Siamesin noch zwei weitere Katzen und einen Hund besitzt, auf den Labelnamen „Martha’s Corner“, unter dem sie ihre Sachen verkaufte. Der Name etablierte sich bei ihr so sehr, dass sie ihn später auch für ihre Seifenmanufaktur übernahm. Zum Seifensieden kam sie über eine Dokumentation, die sie im Fernsehen sah. Sie zeigte die Folgen des Anbaus von Palmöl, das gern auch für Seifen verwendet wird. Umweltschützer prangern an, dass die steigende Zahl von Plantagen Regenwald zerstört und für negative ökologische und soziale Folgen in den Erzeugerländern sorgt. Claudia Schreiber begann zu recherchieren, wie sie Waschmittel selbst palmölfrei herstellen könnte. Das Thema ließ sie fortan nicht mehr los. Sie fing an, in der heimischen Küche Seifen zu sieden. „Dafür gibt es zahlreiche Videos im Internet, das ist erst mal keine Kunst“, sagt Schreiber. Doch ihr Ziel war es, ihre Naturseifen so vielfältig wie möglich herzustellen – ohne Füllstoffe oder künstliche Farben und Aromen. Kurzum, sie fand Spaß am Experimentieren.
Mit knapp 50 Jahren zur Gründerin geworden
Sie bildete sich weiter, sowohl inhaltlich als auch unternehmerisch. Zehn Jahre nach den ersten Versuchen im Seifensieden – mit knapp 50 – gründete sie schließlich die Seifenmanufaktur „Martha’s Corner“. „Ich habe mich lange auf diesen Schritt vorbereitet.“ Unterstützt wurde sie dabei vom Starthaus Bremen und der Bremer Aufbau-Bank. „Ich bin sehr dankbar, dass ich den Schritt gewagt habe“, betont sie. Auch wenn das bedeute, dass sie an manchen Tagen 16 Stunden arbeite, so wie es in der Vorweihnachtszeit der Fall war. Da sei es immerhin gut, dass sie nur ein paar Schritte von ihrer Wohnung gehen muss, um im Laden zu sein.
Früher habe sie in ihren Jobs eher im Hintergrund die Strippen gezogen. Jetzt könne sie ihre eigenen Entscheidungen treffen, freut sie sich. Das bedeutet auch, dass sie nur die besten Rohstoffe für ihre Produkte verwendet. „Sie sind überwiegend aus biologischem Anbau und sind fair gehandelt“, sagt Claudia Schreiber. Ihre Sheabutter und das Babassuöl bezieht sie zum Beispiel von einer Frauenkooperative in Ghana und Brasilien, das Kokosöl aus einer Landarbeiterkooperative von den Philippinen. Sie verwendet nur Naturfarben, die sie selber mit Ölfusionen herstellt. Die meisten Produkte sind vegan. Bei der Herstellung muss sie zudem dieselben Standards einhalten wie ein Kosmetikkonzern. „Jedes Produkt wird durch ein unabhängiges Labor sicherheitsbewertet und entspricht der EU-Kosmetikverordnung.“
Minimalistische Verpackungen
„Ohne Firlefanz“ kämen ihre Produkte aus, so beschreibt es Claudia Schreiber gern. Das gilt auch für die Verpackungen, die sie so sparsam wie möglich einsetzt. Die Seifen haben meist nur ein Band mit Papieretikett oder eine Papierbanderole, den Lippenbalsam gibt es in der Papphülse. „Wenn ich mit meinen Seifen die Welt wenigstens ein minimales Stück besser mache, habe ich schon eine Menge erreicht“, sagt die Jungunternehmerin.
Text: Janet Binder
Fotos: Jens Lehmkühler