Von rosa Waschbecken bis zu Jugendstiltüren

Bauteilbörse Bremen verkauft seit 20 Jahren gebrauchte Bauteile

Ob Haustüren im Jugendstil, rosa Waschbecken aus den 1950er-Jahren oder gute erhaltene Zementfliesen: In der Bauteilbörse Bremen lagern viele Schätze. Vor fast 20 Jahren gegründet, ist der Secondhand-Baumarkt nach Angaben von Betreiberin Karin Strohmeier bundesweit der älteste und größte seiner Art.

Michael Olsen baut zusammen mit Freunden in Oldenburg ein über hundert Jahre altes Gebäude zu einem Mehrgenerationenhaus um. Für seine eigene kleine Wohnung darin sucht er einen passenden Fensterrahmen für die Küche. Fündig geworden ist er bei der Bauteilbörse Bremen. Wobei: Ganz passend ist der 2,20 hohe und 90 Zentimeter breite Fensterrahmen aus Holz nicht. „Ich muss die Wand dafür ein bisschen breiter machen“, sagt Olsen. Das macht ihm aber nichts, Hauptsache das Fenster ist gebraucht. „Ich kaufe so gut wir nie was neu“, sagt Olsen. „Ich bin ein alter Repairfreak.“ Bei der Bauteilbörse Bremen im Stadtteil Gröpelingen ist er deshalb Stammkunde. 

Von Fensterrahmen über historische Türen bis zu Lampen: Die Bauteilbörse bietet gut erhaltene Waren an. (Foto: © WFB/Jens Lehmkühler)


Historische Bauteile fürs Bremer Haus

Ob Haustüren oder Knäufe im Jugendstil, Lampen aus den 1950er-Jahren, gemusterte Zementfliesen, alte Holztreppen oder noch gut erhaltene Heizkörper und Fenster: Wer auf der Suche nach gebrauchten Bauteilen für Haus, Wohnung oder das Gartenhaus ist, ist bei Karin Strohmeier und ihrem kleinen Team richtig. „Zu uns kommen vor allem zwei Arten von Kundinnen und Kunden: Diejenigen, die historische Bauteile für ihr Bremer Haus benötigen, zum Beispiel eine zweiflügelige Schiebetür. Oder diejenigen, die preisgünstig qualitativ gute, funktionsfähige Ware suchen“, sagt sie. 
Die Kundschaft kommt aus Bremen und Umgebung, aber auch aus Hamburg oder eben Oldenburg. Einmal – es ist schon länger her – kam ein Berliner Friseur per Flugzeug. Er kaufte mehrere gut erhaltene rosa Waschbecken aus den 1950er-Jahre für seinen Salon. Gesehen hatte er die Ware im Internet, denn alle größeren Teile im Bestand sind mit Foto und Beschreibung auf der Internetseite katalogisiert. „Er hat gesagt: Die muss ich haben“, erinnert sich Karin Strohmeier. Mit einem Leih-Transporter brachte der Friseur die Schätze nach Berlin. „Aber so was kommt nicht oft vor, das ist eigentlich auch nicht der Sinn der Bauteilbörse.“ 

Die Bremer Bauteilbörse zog 2007 von Huchting nach Gröpelingen. (Foto: © WFB/Lehmkühler)


Zusammenarbeit mit Handwerkern und Abrissunternehmen

Denn Karin Strohmeier und ihrem Team geht es um Nachhaltigkeit und damit letztlich auch um Klimaschutz – da passt ein Inlandsflug natürlich nicht ins Konzept. „Wir wollen möglichst viele gut erhaltene, gebrauchte Bauteile weitervermitteln, die bei einem Abbruch oder einem Umbau gerettet werden konnten.“ Dafür arbeitet sie mit Handwerkbetrieben und Abrissunternehmen zusammen. Das Bauteilbörsen-Team montiert aber auch selbst auf Baustellen aus. Manche Ware in der Verkaufshalle ist sogar noch gänzlich unbenutzt – nämlich dann, wenn sie aus Lagerauflösungen stammt. Rund 1600 gebrauchte Bauteile sind aktuell vorrätig, die ältesten stammen aus dem 19. Jahrhundert. 
Nachgefragt werden die Gegenstände nicht selten vor allem von Frauen, seien es Architektinnen, Innenarchitektinnen, Designerinnen oder Privatpersonen, die sich einen Raum mit einem besonderen Solitär als Blickfang nach eigenen Vorstellungen gestalten wollen. Auch das Team der Bauteilbörse Bremen besteht übrigens mehrheitlich aus Frauen. 

Karin Strohmeier betreibt die Bauteilbörse zusammen mit ihrem Team seit 2003. (Foto: © WFB/Lehmkühler)


Karin Strohmeier hat das Unternehmen vor rund 20 Jahren zusammen mit anderen gegründet. „Damals war es noch an den Recyclinghof in Bremen-Huchting angegliedert“, erinnert sich die 62-Jährige. Als gelernte Tischlerin hatte sie sich zunächst in diesem Handwerk selbstständig gemacht. Dann studierte sie doch noch Architektur. „Als ich fertig war, gab es gerade eine Architektenschwemme“, erzählt die Bremerin. Weil sie sich schon während ihres Studiums mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigt hatte, hatte sie schließlich die Idee für die Bauteilbörse. „Wir waren damit die ersten“, sagt Karin Strohmeier. Die ersten zwei Jahre gab es noch eine Förderung, seitdem aber muss sich der Gebrauchtmarkt wirtschaftlich allein tragen. 
Nach der Gründung der Bremer Bauteilbörse folgten später bundesweit Nachfolgeprojekte. „Das sind aber vor allem Beschäftigungsmaßnahmen. Viele von ihnen gibt es inzwischen nicht mehr“, sagt die Bremerin. Um gebrauchte Bauteile professionell zu verkaufen, seien hochqualifizierte Fachkräfte nötig – allein schon, um die Kundschaft gut beraten zu können. Das Fachwissen der Bremer Bauteilbörse nutzt auch die Bremer Stadtreinigung: In ihrem Auftrag berät das Team Interessierte zum Thema Wiederverwertung. 
2007 zog die Bauteilbörse Bremen in eine 750 Quadratmeter große Halle mit großer Außenfläche ins Hafengebiet von Gröpelingen – es ist damit die größte von rund einem halben Duzend Bauteilbörsen deutschlandweit. Sie alle haben sich im Kooperationsprojekt Bauteilnetz Deutschland zusammengeschlossen. Abfall vermeiden, Energie einsparen und den Ausstoß von Kohlendioxid mindern: Das sind die gemeinsamen Ziele.


Auf Qualität wird geachtet

Die meisten Bauteile, die beim Abriss oder bei einer Sanierung anfallen, werden Strohmeier und ihrem Team kostenlos überlassen. Dabei schauen die Mitarbeitenden genau auf die Qualität der angebotenen Ware. „Es gibt im Baumarkt inzwischen Waschbecken für 26 Euro, aber die haben eine so schlechte Oberfläche, da entstehen gleich Risse. Die würden wir nicht annehmen.“ 

Interessant sind für Karin Strohmeier und ihrem Team auch Bauteile aus bekannten Häusern: Aus dem alten Bundesbankgebäude in Bremen sicherten sie sich vor kurzem Sandsteinplatten, Sicherheitsgläser, Handläufe – und Schränke, in denen Löschschläuche aufbewahrt wurden. „Es gibt immer Leute, die nach Skurrilem suchen.“ 


Gitter vom Rathaus, Metallfenster vom Häfensenator
Vom alten Treppenhaus aus den 1950-er Jahren des Senators für Häfen liegen im Lager die Metallfenster mit geritztem Glas. „Da haben wir zusammen mit dem Denkmalamt gearbeitet“, sagt Karin Strohmeier. Und aus Hamburg gab es mal die Möglichkeit, riesige Fensterfronten aus einer Villa abzuholen. „Die Besitzer brauchten neue Fenster mit schusssicherem Glas.“ Vom Bremer Rathaus existieren geschmiedete Gitter, die vermutlich mal als Kellerabdichtung dienten. Kommt man bei solchen Schätzen nicht in Versuchung, diese für sich selbst zur Seite zu legen? „Ich bunkere nichts mehr“, sagt Karin Strohmeier. „Ich habe früher viel gesammelt, bis ich gemerkt habe, dass ich gar nicht hinterherkomme.“ 
Michael Olsen hat inzwischen das künftige Küchenfenster in seinen Transporter gelegt. „Ich werde mir in den Rahmen Isolierglas einbauen“ sagt er. Es sei nicht alles billig in der Bauteilebörse, sagt er. „Aber alles hat auch seinen Wert – vor allem einen ökologischen, weil nichts Neues produziert werden muss.“


Text: Janet Binder Fotos: Jens Lehmkühler