Die World-Press-Photo-Ausstellung zieht Jahr für Jahr Millionen Besucher in ihren Bann. Kein Wunder: Sie zeigt die Welt so, wie sie ist. Pressefotografen liefern dafür preisgekrönte Bilder aus allen Ecken der Welt. Viele sind bedrückend, manche grausam, alle authentisch.
Seit Anfang der 1960er Jahre werden die besten Fotos des Wettbewerbs in einer Wanderausstellung gezeigt, inzwischen in über 100 Städten in rund 50 Ländern. Darunter sind Metropolen wie Toronto, Paris und Singapur sowie etliche kleinere Städte. Immer öfter macht sie auch an Standorten in Afrika oder Lateinamerika Station.
In Oldenburg ist die Ausstellung seit 2016 regelmäßig zu Gast. Zuvor war sie im deutschen Nordwesten noch nie zu sehen gewesen. Der Oldenburger Medienmanager Claus Spitzer-Ewersmann hatte sie erstmals in seine Heimatstadt geholt, mit seiner Agentur Mediavanti ist er auch weiterhin Veranstalter der Ausstellung. Sie umfasst rund 150 Aufnahmen aus zehn Kategorien. Zu sehen sind die Bilder und Fotoserien, die im Wettbewerb jeweils die ersten drei Plätze belegten.
Die Ausstellung der World Press Photos zeigt über einen Zeitraum von drei Wochen die 150 eindringlichsten und faszinierendsten Pressefotografien des Jahres, in Oldenburg ergänzt um ein breit gefächertes Rahmenprogramm. Dabei gehen die Veranstalter auch auf aktuelle Entwicklungen der Medienbranche ein, diskutieren diese und stellen Fotografentalente vor, die mit ihren Projekten aufgefallen sind.
Das Programm reicht von Vorträgen und Diskussionen bis zu Fotografen-Matineen, Filmvorführungen und neu entwickelten Formaten wie dem FotoSlam. Damit sollen auch Menschen für die Fotografie begeistert werden, die sich sonst nicht oder nur wenig dafür interessieren.
Der Preis „Photo of the Year“ ging 2019 an den amerikanischen Fotografen John Moore von der internationalen Agentur Getty Images. Seine Aufnahme „Crying Girl on the Boarder“ zeigt ein kleines Mädchen aus Honduras, das an der US-Grenze zu Mexiko vorübergehend von seiner Mutter getrennt wurde und symbolisch für die Folgen der Flüchtlingspolitik von Präsident Trump steht. Erstmals vergeben wurde 2019 auch ein gleichrangiger Preis für die „Story of the Year“. Er ging an den niederländischen Fotografen Pieter ten Hoopen für seine Serie „The Migrant Caravan“.
Einfach Alltag
Warum die Sonderschau „Everyday Africa“ unbedingt sehenswert ist
Unser Bild Afrikas ist geprägt durch Fotos und Schlagzeilen von Krankheit, Krieg und Korruption. Das Projekt „Everyday Africa“ kämpft dagegen an. Eine Auswahl von 50 Aufnahmen ist in einer Sonderschau im Rahmen der World-Press-Photo-Ausstellung Oldenburg erstmals in Europa zu sehen.
Nachdenklich schaut sie aus dem Wagenfenster, ein bisschen wehmütig vielleicht. Oder doch nur konzentriert? Es ist wie so oft bei Fotos, die wir aus Afrika zu sehen bekommen: Die Situation erscheint uns normal – und doch steckt sie voller Rätsel. Klar ist: Das Bild der angehenden Richterin, die sich – bereits ausgestattet mit Robe und Perücke – zur Graduiertenfeier fahren lässt, zeigt Afrika von einer ganz anderen Seite. Keine wilden Tiere und keine entstellten Toten. Keine lebensgefährlich Erkrankten und keine herrschsüchtigen Despoten. Einfach Alltag. Und gerade deshalb so ungewohnt.
Leben statt Extremsituationen
Tom Saaters Aufnahme der jungen nigerianischen Juristin Ginika Okafor gehört zum Projekt Everyday Africa. Dieses geht auf eine Initiative der amerikanischen Journalisten Peter DiCampo und Austin Merrill zurück. Nach einer Recherche in der Elfenbeinküste entschieden sie sich 2012 für eine Abkehr von den ewig gleichen und erwartbaren Konflikt- und Katastrophenfotos. „Wir wollten das einfache Leben zeigen, nicht immer nur die extremen Momente“, erinnert sich Peter DiCampo. Gesagt, getan. Die beiden zückten ihre Smartphones, fotografierten auf den Straßen und auf dem Markt, Menschen bei der Arbeit und beim Sport.
Ihre Aufnahmen veröffentlichen DiCampo und Merrill zunächst auf der Social-Media-Plattform Tumblr, später wechseln sie zu Instagram und rufen den Hashtag #everydayafrica ins Leben. So nimmt das Projekt Fahrt auf, immer mehr afrikanische Fotografen steuern Bilder bei. Einer der ersten ist Nana Kofi Acquah aus Ghana. Er betont den emanzipatorischen Charakter des Projekts, mit dem es sich vor allem gegen stereotype Klischeedarstellungen wendet: „Es geht uns darum, den Kontinent als Ganzes zu zeigen und nicht bloß ein paar Teile, die Fremde für berichtenswert zu halten scheinen!“
Als die Macher in der Vorbereitungszeit der World-Press-Photo-Ausstellung 2019 in Oldenburg von dem Projekt erfuhren, waren sie sofort elektrisiert. Dass Everyday Africa versucht, dem sehr einseitigen Bild vom Geschehen auf dem Kontinent etwas entgegenzusetzen, finden sie sehr wichtig und sympathisch zugleich. Deshalb haben sie Kontakt zu Peter DiCampo aufgenommen. Er überraschte mit dem Hinweis, dass es bisher keine Ausstellung der Fotos in Europa gegeben hat. Und er zeigte sich sehr angetan von der Idee, das zu ändern. „Wir freuen uns, wenn Ausstellungsbesucher ihr Bild von Afrika ein wenig revidieren.“
DiCampo, der heute in Kenias Hauptstadt Nairobi lebt, hat die 50 Fotos, die in Oldenburg zu sehen sind, eigenhändig ausgewählt. Da Everyday Africa selbst über keine verleihbaren Drucke der Aufnahmen verfügt, werden diese direkt in Oldenburg produziert. Auch die Stadt Oldenburg fördert das Vorhaben, so dass der Eintrittspreis für den Besuch der Sonderschau bereits in dem für die World-Press-Photo-Ausstellung enthalten ist.
Über 400.000 Follower bei Instagram
Ihr erstes Zwischenziel haben die Initiatoren des Projekts mittlerweile erreicht: Die Aufmerksamkeit für „das andere Afrika“ ist spürbar gestiegen. Mehr als 400.000 Interessierte folgen Everyday Africa auf Instagram. Zudem haben sich auch in anderen Regionen ähnliche Initiativen gebildet. Ein gutes Zeichen und mehr als ein Hoffnungsschimmer für die unabhängige Berichterstattung.
Vor zwei Jahren etablierte das Kollektiv darüber hinaus mit der African Photojournalism Database (APJD) die weltweit erste Online-Datenbank afrikanischer Fotografen – gemeinsam mit der World Press Photo Foundation. „Wir freuen uns, an diesem wichtigen Projekt zusammenzuarbeiten“, betonte deren Direktor Lars Boering anlässlich der Gründung. Kein Wunder also, dass die Stiftung in Amsterdam das Oldenburger Engagement gutheißt, Everyday Africa im Rahmenprogramm der World-Press-Photo-Ausstellung angemessen Raum zu geben.
INFO: World Press Photo Exhibition 2019 vom 1. Februar bis 8. März 2020
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr
Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Oldenburg (Schloss)
Eintritt: 6 € (4 € ermäßigt), berechtigt zum Besuch von Schloss, Augusteum und Prinzenpalais. Weitere Infos: www.worldpressphotoausstellung-oldenburg.de